Die Geschichte von Googles Android ist eine einzige Erfolgsgeschichte und hat in den 6 Jahren ihres Bestehens zu einer gigantischen Userbase von 1 Milliarde Android Nutzern geführt. Was einmal funktioniert müsste wohl auch ein weiteres Mal klappen, so oder so ähnlich muss sich das Suchmaschinengigant Google wohl im Frühjahr 2014 gedacht haben als sie mit Android Wear ihr eigenes Betriebssystem für Smartwatches und Wearables präsentiert haben.
Zu den Unterstützern der ersten Stunde zählen mit LG und Motorola zwei der engsten Partner von Google. Seit einigen Tagen ist nun mit LG`S G Watch die erste Android Wear basierte Smartwatch in Googles Play Store erhältlich. Seit heute habe ich nun auch mein Testmodell der G Watch erhalten wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bei LG Deutschland bedanken möchte.
Bei meinem Testmodell handelt es sich um die schwarze Variante mit der Bezeichnung „Black Titan“, die aktuell für 199 Euro zu haben ist. LG`s G Watch ist nach Samsungs erster Galaxy Gear und Pearls AW 414-GO die nunmehr dritte Uhr dieser Kategorie die ich in einem Testlauf unterziehe. Interessanterweise habe ich auch die beiden anderen Modelle zu Hause und werde sie in meinem Langzeittest miteinander vergleichen.
Unboxing mit First Look und Feel
Wenn ihr in Youtube die Suchworte Unboxing eingebt erhaltet ihr unzählige Treffer mit klassischen Unboxing Videos, womit diese Art des Auspackens in der Folge zumindest für mich an Reiz verloren hat. Zudem beinhalten die meisten Boxen neben den eigentlichen Geräten nur einen Stromadapter nebst USB-Kabel auf microUSB Basis und ein Set an Büchlein mit Garantie und Erstinfos. Auch LG`s G Watch macht hier keine Ausnahme und hat seine Smartwatch in eine quadratische Box mit Kantenlänge von 9×9 Zentimeter verpackt.
Zu den oben erwähnten Komponenten gesellt sich zusätzlich eine Ladeschale in Größe der Uhr, auf die selbige mit ihren Pogo Ladepins einfach aufgelegt wird. Der Ladevorgang des 400 mAh Akkus war bei mir nach nicht einmal 2 Stunden erledigt.
Das Design der Uhr möchte ich als funktional aber keineswegs elegant bezeichnen. In Punkto Design schlägt Samsungs Galaxy Gear die G Watch um Längen. Der rechteckige schwarze Block liegt gut am Handgelenk an und wird auf der Vorderseite komplett vom 1,65 Zoll großen IPS LCD Display dominiert, dass über eine Auflösung von 280 x 280 Pixeln verfügt. Bei den Materialien setzt LG auf einen Mix aus Edelstahl und Kunststoff.
Im Gegensatz zur Galaxy Gear besitzt die G-Watch keinen dedizierten Power ON/OFF Button denn die per Android Wear betriebene Uhr verfügt über ein sog. Ever-ON Display. Wem das immerwährende Glimmen der G Watch trotzdem nicht gefällt oder wer bewusst noch mehr Laufzeit aus der Uhr holen möchte, kann das Display bei Bedarf über die Einstellungen abschalten. Ein Tap aufs Display oder das Bewegen der Uhr reicht aber um die G Watch in Bruchteilen einer Sekunde wieder zum Leben zu erwecken.
Auf der Unterseite über den Pogo Ladepins befindet sich übrigens noch ein Reset Schalter über den sich die Smartwatch komplett in den Auslieferungszustand zurücksetzen lässt. Das breite Armband aus weichem Gummi fühlt sich beim Tragen auf der Haut recht angenehm an und lässt sich zudem durch jedes handelsübliche 22 mm Armband ersetzen. Überdies ist die G Watch nach IP67 zertifiziert was absolute Staubdichtheit und zeitweiliges Untertauchen für längstens 30 Minuten bei einer Wassertiefe von 1 Meter garantiert.
Erstinstallation und Inbetriebnahme
Direkt nach dem Ladevorgang meldet sich die Uhr mit dem Hinweis die Android Wear App auf einem kompatiblen Androiden ab Version 4.3 zu installieren. Ist dies erledigt werdet ihr nach dem ersten Starten der Android Wear App auf dem Smartphone aufgefordert Bluetooth einzuschalten und der App den Zugriff auf die Benachrichtigungen zu gewähren. Das entsprechende Menü findet ihr in den Einstellungen unter Sicherheit -> Zugriff auf Benachrichtigungen.
Kurz darauf sendet die Uhr den Bluetooth Passkey der nach Bestätigung auf Smartphone und G Watch beide Geräte miteinander koppelt. Jetzt erst ist die G Watch wirklich betriebsbereit und kann per Sprachkommando „OK Google“ oder einfach per Tap auf das Display für Eingaben aktiviert werden.
Die Bedienung der Uhr gestaltet sich Anfangs recht ungewohnt, denn Dinge wie einen Launcher sucht man vergebens. Grundsätzlich besteht der Startscreen aus nichts anderem wie Googles G im roten Kreis und dem Hinweis „Jetzt sprechen“!
Die Philosophie hinter Android Wear basiert überwiegend auf Sprachbedienung in Kombination mit den Karten von Googles Suchsystem NOW. Zum jetzigen Zeitpunkt kann mich die Sprachbedienung aber noch nicht wirklich überzeugen, denn sie reagiert nicht auf bestimmte Schlüsselwörter sondern nur auf ganze Schlüsselsätze, die sich wesentlich schlechter auswendig lernen lassen.
Aktionsbefehle, Einstellungen und App-Starter
Aber auch die Touchscreens Fans unter euch hat Google keineswegs vergessen und so lassen sich direkt über den Startscreen weitere Menüs wie Aktionsbefehle, die Einstellungen und eine Art App-Starter aufrufen. Zur Auswahl bei den Aktionsbefehlen stehen folgende Kommandos: „Notiz schreiben“, „Erinnern an“, „Meine Schritte anzeigen“, „SMS senden“, „E-Mail senden“, „Terminübersicht“, „Navigation starten“, „Timer stellen“, „Stoppuhr starten“, „Wecker stellen“ und „Wecker anzeigen“.
Sprecht ihr zum Beispiel nach Auswahl von „Notiz schreiben“ irgendeinen beliebigen Text in die G Watch wird dieser postwendend mit der Notizen (ehemals Google Keep) App im Smartphone synchronisiert.
Bei Aufruf „Navigation zum Hauptbahnhof Heidelberg“ wird der Befehl zuerst von der G Watch an Google Maps auf dem Smartphone gesendet, dort berechnet und verarbeitet und dann als Schritt-für-Schritt Karten auf der G Watch visualisiert.
Recht komfortabel funktionieren die Sprachkommandos zum Senden einer E-Mail bzw. SMS. So schickt der Aufruf „E-Mail senden an Frank Wie geht es dir?“ eine Mail mit der Nachricht „Wie geht es Dir“ an den Kontakt Frank. Existieren zum selben Namen 2 unterschiedliche Mail Adressen bittet euch die G-Watch vor dem Senden um die Auswahl der richtigen Adresse.
Direkt im Anschluss an die Aktionsbefehle findet ihr das Einstellungen Menü über das sich die Helligkeit und die Ever-ON Eigenschaft des Displays regeln bzw. an- und abschalten lässt. Desweiteren findet ihr an dieser Stelle den Flugmodus mit dem ihr jegliche Benachrichtigungen vom Smartphone zur Uhr unterbinden könnt. Ausserdem besteht die Möglichkeit die G Watch direkt aus den Einstellungen „Neu zu starten“, „Auszuschalten“ oder das „Gerät auf die Werkseinstellungen zurückzusetzen“.
Einen interessanten Punkt stellt das Menü „Startdisplay ändern“ dar über den sich das Watchface des Uhrendisplays einstellen lässt. Zur Auswahl stehen 24 Watchfaces mit der ihr der G Watch einen individuellen Look verleiht. Ganz sicher werden aber zukünftig eine große Anzahl an weiteren Watchfaces entwickelt, die sich dann ganz einfach auf die G Watch nachladen lassen.
Womit wir beim „Info“ Menü angelangt wären über das ihr Informationen zur Firmware, zum Build, zum Akkustand und zur Seriennummer erhaltet. Ebenfalls unter Infos findet ihr den Punkt „Systemupdates“, der nach einem Tap auf das Vorhandensein neuer Firmware oder sonstiger Updates prüft.
Bleibt als letzter Punkt das Menü „Starten“ worunter sich eine Art App-Starter verbirgt, der zur Auslieferung mit Apps wie Fit, Notizen und Weltzeit gefüllt ist. Zudem hat LG hier einen recht schön designten Kompass untergebracht. Natürlich lassen die paar Apps noch ein Menge Wünsche offen und deshalb hat Google parallel zum Verkaufsstart der G Watch einen eigenen Bereich für Android Wear unterstützende Apps im Play Store eingerichtet. Aktuell finden sich in der Android Wear Sektion 31 Apps, worunter sich unter anderen die Fitness App Runtastic, Google Maps & Hangouts aber auch Pinterest, Duolingo oder die 1 Weather App befindet.
Praxistest – Runtastic mit Android Wear Unterstützung
Für einen Praxistest habe ich meine Lauf-App Runtastic eingesetzt, die ab Version 5.12 mit nativer Android Wear Unterstützung aufwartet. Das bedeutet das ihr eure Runtastic App wie üblich auf dem Smartphone startet und das Signal automatisch an die G Watch gesendet wird. Dazu muss erwähnt werden das die Bestückung eines Android Wear Devices mit neuen Apps grundsätzlich anders funktioniert wie auf dem Smartphone. Die Installation der App mit integrierter Android Wear Komponente erfolgt nämlich ausschließlich auf dem Smartphone und sendet dann die Android Wear relevanten Kommandos per Bluetooth an die Uhr.
Ist die Runtastic App auf dem Smartphone gestartet erscheint am unteren Bildschirmrand ein Runtastic Banner das mit einem Wisch nach oben den Rest der App zum Vorschein bringt. Weitere Detailbildschirme wie die Workout Parameter erreicht ihr durch einen Wisch von rechts nach links. Die eigentliche Workout Session lässt sich auf der G Watch dann per Tap auf den Runtastic Start Button oder per Voice Command aktivieren. Während der Session werden am unteren Bildschirmrand fortlaufend die zurückgelegten Kilometer eingeblendet oder was ihr in den Einstellungen als ersten Punkt der Anzeige definiert habt.
Als problematisch habe ich beim Laufen den Aufruf des Runtastic Detailbildschirms empfunden, denn Google mixt die Karten von NOW, dem Wetter oder sonstigen Apps wie in meiner Fall der PowerAmp Musik-App munter durcheinander. Mitunter musste ich deshalb mehrmals wischen um den Runtastic Detailbildschirm anzuzeigen. Als Fazit meines Runtastic Praxistests würde ich mir wünschen, das die Aufzeichnung einer Workout Session autark d.h. ohne Smartphone Connect funktioniert. Zuhause angekommen ließen sich die Daten dann per Bluetooth Connect in das Smartphone überspielen.
Übrigens hat LG`s G Watch den obligatorischen 15 minütigen Wasserglas Tauchgang ohne weitere Probleme überstanden. Somit besteht Gewissheit das LG`s G Watch beim Trainieren selbst übermäßiges Schwitzen oder ein Regenschauer überhaupt nichts anhaben kann. Wie ihr euch sicherlich denken könnt ist unter Wasser die Bedienung der Uhr per Touchscreen sowie gesprochener Kommandos nicht möglich.
Fazit
LG`s erste Android Wear basierte Smartwatch G Watch wäre eigentlich ein rundum gelungenes Produkt wenn da nicht die Abhängigkeit zum Mutterschiff Smartphone bestehen würde. Ohne den Bluetooth Connect zum Smartphone kann die G Watch außer die reine Zeit anzeigen herzlich wenig. Damit erneuere ich meine schon früher geäußerte Kritik, dass für mich eine Smartwatch erst dann wirklich Sinn macht wenn sie völlig autark von einem Smartphone funktioniert. Das bedeutet aber in der Konsequenz das zukünftige Android Wear basierte Smartwatches mindestens über Wlan, GPS und einen SIM Kartenslot verfügen müssten.
Leitsungstechnisch reicht der verbaute 1,2 Ghz schnelle Snapdragon 400 Prozessor von Qualcomm nebst 512 Megabyte RAM locker aus. Zusätzlich hat LG noch 4 Gigabyte Flashspeicher verbaut, der auch in Zukunft genügend Platz bieten sollte die Android Wear Komponente externer Smartphone Apps zu speichern. Ein Minuspunkt stellt das unterdurchschnittlich helle IPS Display dar, das nur auf maximaler Helligkeitsstufe ausreichend Leuchtkraft besitzt. Wirklich kritisch wird es aber wenn man sich im Freien unter direkter Sonneneinstrahlung befindet. Ein Ablesen des Displays ist dann kaum noch möglich!
Ich bin mir aber völlig sicher das Google genügend Innovationskraft und finanzielle Power besitzt um Android Wear in Zukunft weiter voranzutreiben. Dazu sollten sinkende Preise bis in die Bereiche von 100 Euro pro Smartwatch langfristig für einen Boom als Massenmedium sorgen. Bestes Beispiel dürfte dabei die Entwicklung bei den Tablets sein, die sich auch erst nach stark gesunkenen Preisen in Kombination mit technisch anspruchsvoller Hard- und Firmware zum Massenprodukt entwickelt haben. Langfristig prognostiziere ich für Android Wear deshalb eine ähnliche Erfolgsgeschichte wie sie Googles Android schon vorgemacht hat.